Es ist ein angenehmer Sonntagnachmittag im März am Purkersdorfer Hauptplatz. Das Osterfest ist nur noch eine Woche entfernt, der jährlich stattfindende Ostermarkt ist auch heuer wieder im Schlosspark aufgebaut. Dort angepriesen werden wie jedes Jahr Waren aller Art, die man weder zu Ostern noch an jedem anderen Zeitpunkt des Jahres wirklich braucht. Um nur schlappe 25 Euro gibt es dort entweder ein selbst bemaltes Hühnerei, ein selbst bemaltes Geschirrtuch, einen selbst bemalten Polsterüberzug oder eine selbst bemalte Handseife (Einkaufspreis 53 Cent) in den Duftnoten Lavendel-Zimt oder Zimt-Lavendel.

Auf jeden Fall schlendere ich gerade vom Ostermarkt kommend Richtung meiner luxuriösen 1-Zimmer-Dachgeschoßwohnung. Diese hat zwar keinen Balkon, dafür eine eingebaute Badewanne, Abmessungen 1,50m mal 35cm, zum Liegen zu eng zum Sterben zu groß. Wurscht, anderes Thema. Von Weitem fällt mir ein als riesengroßer Osterhase verkleideter Mann auf, der in einem Weidenkorb bunt bemalte Eier (nicht vom Ostermarkt, sondern gefüllt mit hartem Eiweiß und Dotter) an Kinder und Erwachsene verteilt. In leicht gebückter Haltung schlurft der Hasenmann den leeren Hauptplatz entlang und fiebert seinem wohl verdienten Feierabend entgegen. Ihm entgegen kommt nun ein älterer Herr, Hutträger und Purkersdorfer. Schon von Weitem mustert der ältere Mann den Hasen skeptisch und beobachtet ihn bei der Ausgabe der Hühnereier. Schritt für Schritt kommen die beiden nun einander näher, der ältere Herr, dem sichtlich etwas auf der Zunge liegt, nimmt all seinen Mut zusammen und fasst seinen Gedanken in Worte.

„Tschuldign dasi di anred, aber bist du zufällig da Bruder vom…“

Weiter kommt der ältere Herr nicht, denn der Osterhase fährt ihm gleich, fast euphorisch dazwischen.

„Vom Osterhasen? Ja, i bin da Bruder vom Osterhasen“

Die beiden bleiben nun voreinander stehen, ich gehe weiter meines Weges und drehe mich nach wenigen Schritten noch einmal um. Ich sehe, wie der Osterhase dem älteren Herrn ein rotes Ei aus dem Weidenkorb in die Hand drückt. Die beiden entfernen sich wieder voneinander und lassen mich und das gesamte Universum rätselnd am Purkersdorfer Hauptplatz zurück. Auch Stunden nach dem Abendessen, es gibt ein bunt bemaltes Osterei, liege ich noch auf meinem bemalten Polsterüberzug mit offenen Augen im Bett, es riecht nach Lavendelseife. Ich frage mich, wessen Bruder der ältere Herr gemeint haben könnte und was noch viel spannender ist, wie dieser aussehen könnte, um Ähnlichkeiten mit einem voll kostümierten Osterhasen zu haben. Ich schließe die Augen, für heute haben sie genug gesehen.

Diese Geschichte ist eine von vielen, die irgendwann 2024 als Buchprojekt unter dem Arbeitstitel „Purkersdorfer Impressionen“ von Purkersdorf Online erscheinen könnten. Falls dir die Kurzgeschichte gefallen hat und du mehr davon lesen möchtest, würde ich mich über ein ehrliches Feedback in den Kommentaren oder auf kontakt@purkersdorf.online freuen

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