Nun ist es schon wieder passiert. Die Stadtgemeinde Purkersdorf hat den nächsten Coup gelandet und eine neue Kooperation ins Leben gerufen. Ab dieser Woche werden Spezialeinheiten der US Navy SEALs im Wienerwaldbad Purkersdorf ihre Ausbildungen absolvieren. Die Voraussetzungen könnten besser nicht sein. Purkersdorf Online hat den Ausbildungsjahrgang 2022 bei der härtesten Challenge ihres Lebens begleiten dürfen.
Das Training beginnt
Frühmorgendlich werden die Navy SEALs-Anwärter bereits brutal durch das Aufheulen von Benzinrasenmähern und dem Brummen hunderter SUVs aus dem Schlaf gerissen. Doch viel Zeit zum Überlegen bleibt nicht, denn da heult auch schon die tägliche Feuerwehrsirene wegen eines schweren Verkehrsunfalls auf der Wiener Straße. Der Drill Sergeant trommelt seine Kompanie zusammen und führt sie über den ersten Hindernisparcours in Richtung Freibad. Die Soldaten müssen auf den Gehsteigen (sofern vorhanden) über die zu 90% darauf parkenden Autos klettern. Ist diese Hürde erst mal geschafft, kommt auch schon der nächste Hammer. In voller Montur müssen die jungen Männer und Frauen in der prallen Sonne anstehen und sind dabei den verbalen Entgleisungen der Purkersdorfer Badegäste ausgesetzt, die ebenfalls in der Schlage stehend genervt Alles und Jeden kommentieren. Einmal beim Schalter angekommen, wird höchste audiovisuelle Konzentration gefordert. Die Aussagen eines Mitarbeiters der WIPUR müssen durch einen blechern klingenden Lautsprecher dechiffriert und übersetzt werden. Unsicher stecken mehrere Anwärter ihre Köpfe zusammen und rätseln, was der Code „Alpha Victor India Sierra Oscar“ bedeuten könnte.
Reale Bedingungen simulieren
Schlussendlich kann die Truppe doch noch unter das Drehkreuz robben und findet sich schon vor der nächsten Challenge wieder. Zwischen überschwemmten Rasenflecken und belegten Schattenplätzen sind die Soldaten dem Anblick mehrerer nackter Körper ausgesetzt. Die ledrigen, von UV-Licht gezeichneten Körper der Badegäste vom Sonnendeck sollen die unerfahrenen SEALS mental auf die abscheulichen Anblicke ihrer zukünftigen Einsätze vorbereiten.
Überlebenskampf im Wasser
Schwer gezeichnet heißt es nun ab in die Neoprenanzüge und in das Wasserbecken. Mit allen Kräften müssen die eigentlich recht abgehärteten SEALs nun damit kämpfen, nicht die Nerven zu verlieren und einfach bewusstlos unterzugehen. Nach wenigen Metern im Wasser fliegen ihnen bereits erste Bälle, Frisbees, Wasserpistolen und Taucherbrillen um die Ohren, dazu ein ohrenbetäubendes Geschrei hunderter, dicht aneinander gedrängter Kinder. Das Wasser riecht nach Sonnencreme und Harnstoff, es brennt wie Feuer in den Augen. „So muss sich Krieg anfühlen“, stottert einer der Auszubildenden, während dem 1,90 Meter großen und durchtrainiertem Mann mit Totenkopf-Tattoo am Oberarm dicke Tränen aus beiden weit aufgerissenen Augen kullern.
Erste Ausfälle
Wie durch ein Wunder überstehen alle die ersten Meter in Richtung Schwimmerbecken. Die dort für sie reservierte Schwimmbahn wird aber wegen Protest einer Pensionistin, die gerne quer schwimmen möchte, wieder aufgelassen und so geht es zum Sprungturm, wo der Sprung aus einem Helikopter ins Wasser simuliert werden soll. Doch weit kommen die durchtrainierten Männer und Frauen wieder nicht. Nach mehreren Kinder-Ellenbogen ins Gesicht und in die Weichteile endet die Reise für einer der SEALs bereits mit einem Abtransport ins Krankenhaus Tulln. Mehrere „U-Hagerl“ und „Arschbomben“ vom 3-Meter-Brett auf den Rücken des noch immer im Becken schwimmenden Soldaten waren zu viel.
Abhärtung durch karge Kost
Auch die Mittagspause wir dafür genutzt, Ausdauer und mentale Kraft zu stählen. In einer mehreren hundert Meter langen Menschenschlange müssen sich die US-Amerikaner in der unbarmherzigen Sonne auf dem Betonboden um ihr Mittagessen (frittierte Kartoffeln, frittierte Würste, frittierter Wurstsalat, frittiertes Jolly-Eis) anstellen. Wieder kollabieren einige von ihnen in den menschenfeindlichen Verhältnissen und scheiden daher aus. Ihre dehydrierten Körper zucken am Boden, während die anderen Badegäste über sie hinwegsteigen, um ihrerseits den Flüssigkeitsverlust mit Aperol Spritz auszugleichen.
Ende mit Schrecken
Am Ende des Tages bleiben nur zwei Männer übrig, die das Bootcamp bis hierhin, schwer gezeichnet und dehydriert, aber doch, überlebt haben. Beide befinden sich schon in gelöster Feierstimmung, doch auch ihr Tag nimmt am Schluss noch eine drastische Wendung. Kurz vor dem Ausgang werden sie darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verlassen des Boot Camps nur mit gültiger Eintrittskarte möglich sei. Mit runzeligen Ketchup-Fingern durchwühlen sie hektisch ihre durchnässten Uniformen, können aber nichts finden und dürfen das Gelände daher nicht verlassen. Mit leeren Blicken kehren sie um und legen sich ohne ein Wort zu sagen in den 400 Grad Celsius heißen Sand des Beachvolleyball Courts. Purkersdorf: 1, US Navy SEALS: 0. Touché.
Fotocredits: Purkersdorf Online, WikiCommons, Pxhere.com