Nach der FIA-Absage für den Formel 1 Grand Prix von Russland, hat sich die Stadtgemeinde Purkersdorf kurzerhand entschlossen, die Austragung des Rennens übernehmen zu wollen. Tagelang saßen Mitglieder beider Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zusammen, nun wird das Konzept im Rahmen eines Pressetermins im Stadtsaal präsentiert. Der einzig anwesende Journalist spitzt seinen NÖN-Bleistift und hält die Artikel-Schablone bereit. Steinbichler höchst persönlich hat die Bewerbung zur Chefsache erklärt und andere, unwichtigere Projekte (Ausbau der Kinderbetreuung, neuer Schulstandort, Zukunft des re:spekt Jugendzentrums, Areal Unter Purkersdorf, Maßnahmen gegen den Klimawandel) hinten angestellt. Etwas nervös stehen er und sein Vize-Vize-Bürgermeister Kirnberger auf der Bühne und spielen mit den Fingern mit ihren Goldmanschettenknöpfen und Siegelringen. Dank modernster Technik können die beiden nun ihre bemalten Klarsichtfolien über einen Overhead-Projektor auf die Leinwand projizieren. Anhand dieser erklären sie den geplanten Streckenverlauf.
Anspruchsvoller Streckenverlauf
„Also aufgepasst, lieber Vertreter der Medien. Dass Purkersdorf eine wahre Rennfahrer-Gemeinde ist, haben sie ja bereits wahrscheinlich schon bei der Anreise gemerkt. Mit unserem Konzept für den „Wienerwald Circuit“ können wir nun endlich beweisen, dass Benzin in unseren Adern fließt.“
Auf der Leinwand ist die mit Jolly Wachsmalkreiden gezeichnete Streckenführung zu sehen.
„Start ist hier direkt bei uns am Hauptplatz. Erstens, weil es hier genug Parkmöglichkeiten gibt und zweitens, weil es bei dem Lärm auch schon Wurscht is, ob ein paar Formel 1-Boliden aufheulen oder nicht. Außerdem haben wir dank Nikodemus und Co. gleich die passenden Z-Promis am Start, die sich in ihren passenden Fete Blanche-Outfits nicht vor Monte Carlo verstecken müssen. Apropos Monte Carlo, auch wir in Purkersdorf haben viel Erfahrung mit Glücksspiel.“ Man präsentiert auf einer neuen Folie die aktuelle Verschuldung der Gemeinde wegen des Frankenkredits und lächelt dabei stolz.
Pedal to the metal
Gleich nach dem Start am Hauptplatz führt die Strecke über die Begegnungszone Richtung Norden. Hier gilt es für die Piloten, die Nerven zu bewahren und den entgegenkommenden Kinderwägen, Fußgängern und ausparkenden SUVs geschickt auszuweichen. Nach einer starken Rechtskurve heißt es erst mal Beschleunigen und links in die Herrengasse abzubiegen. Sollte hier Gegenverkehr kommen, bietet es sich an, es genau so wie die meisten PurkersdorferInnen selbst zu machen und ordentlich Gas zu geben. Platz gibt es ja genug. Nun kommen die Rennfahrer zur ersten DRS-Zone. Auf der langen und geraden Wintergasse heißt es nur „pedal to the metal“. Kurz vor dem Kindergarten in die schlecht einsehbare Haarnadelkurve und alles aus dem Motor holen.
Nach der Kehre beim Holzverlade-Platz der ÖBB geht es retour Richtung Wiener Straße. Dieser extra breite Rennabschnitt wird auch abseits von Motorsport-Tournieren als Rennstrecke benützt, hier müssen die Formel 1-Piloten die vielen Überholmöglichkeiten ideal nutzen. Begeisterte können auf ihren der Wiener Straße zugewandten Balkonen richtig Renn-Atmosphäre schnuppern oder auf den Lärmschutzwänden sitzend ihre Favoriten anfeuern. Auf der gesamten Strecken können die Curbs (Gehsteige) natürlich, wie auch bisher, befahren werden.
„Auch für unsere Wirtschaft ist dieses Rennen ein großer Gewinn“ bringt sich nun auch Vize-Vize-Bürgermeister Kirnberger und zeigt auf das Parkkonzept für dieses Spitzen-Event, in dem 400 neue Parkplätze zu sehen sind. Das Safety Car wolle man als SPÖ und ÖVP gemeinschaftlich lenken und hat daher eine Lenkrad-Attrappe (Marke: Fisher Price) für den Vize-Vize-Bürgermeister angebracht.
Renn-Abbruch nach Schrecksekunde im Qualifying
Doch leider platzen die Träume der Gemeindeführung schneller als gedacht. Schon im Q1 kommt es im Streckenabschnitt Linzer Straße zu einer Massenkarambolage und einem Rennabbruch. Ein eiliger BMW X5-Fahrer mit dem Kennzeichen „PL-AYER69“ überholte in mehreren riskanten Manövern das gesamte Fahrerfeld von hinten und blockierte darauf die gesamte Fahrbahn mit seinem parkenden PKW, um „sich nur kurz eine Packung Zigaretten zu kaufen“.
Fotocredit: purkersdorf.online, Piqsel.com